Über seine Beweggründe, ein Kapselhotel zu gründen, gibt Mohamed Taha, Geschäftsführer des Green Marmot in Zürich, Auskunft in einem Interview. Er spricht über seine Erfahrungen während der Pandemie und nach der Aufhebung der Covid Restriktionen sowie über besondere Gäste.

Herr Taha, vor zwei Jahren haben Sie das Green Marmot, das erste Kapselhotel in der Stadt Zürich, eröffnet. Wie entstand diese Idee und welches war Ihre persönliche Motivation?
Was mich antrieb, war der Wunsch, etwas Neues, etwas Selbstbestimmtes aufzubauen und damit erfolgreich zu sein. Ideen hatte ich viele und einige auch schon ausprobiert. Das Kapselhotel aber war die erste wirklich ausgereifte und konsequent von Anfang bis Ende durchgedachte Idee. Darauf gekommen bin ich zum einen durch Bemerkungen von Bekannten, die nicht nach Zürich kommen wollten, weil hier günstige moderne Hotels fehlten. Zum anderen durch eigene Reisen und das Ausprobieren verschiedener Übernachtungsmöglichkeiten, unter anderem auch eines Kapselhotels in Asien. Warum gab es so etwas nicht in Zürich? Bestand womöglich ein Verbot? Erkundigungen bei den Behörden zeigten, dass dem nicht so ist. Zwar seien diverse Vorschriften und Auflagen zu berücksichtigen, aber grundsätzlich stehe einer Umsetzung der Idee nichts entgegen. Nach diesem positiven Bescheid hielt ich Ausschau nach einem geeigneten, zentral gelegenen Gebäude. Das war gar nicht so einfach, denn zur Vermietung standen Läden, Büros, Wohnungen, aber keine Hotels. Das bedeutete, dass man Büroräumlichkeiten würde umnutzen und umbauen müssen. Dafür brauchte es eine behördliche Bewilligung. Und vor allem musste ich einen Vermieter finden, der zu diesem Experiment bereit war. Bei Swiss Life Asset Managers stiess ich mit meiner Idee auf offene Ohren.

Als Sie im Sommer 2020 mit dem Hotel starteten, herrschte Pandemie-Stimmung mit Lockdowns, Einschränkungen und Vorschriften. Wie wirkte sich das bei Ihnen aus? Wie gingen Sie damit um?
Wir hätten tatsächlich keinen schlechteren Zeitpunkt zum Einsteigen erwischen können! Die Türen standen offen – und es kam grad mal ein Gast. Oder gar keiner. Natürlich haben wir Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Abstand halten, Desinfektion, maximal 50% Belegung. Doch es kamen nicht einmal diese 50%. Für ein Start-up in dieser Branche war das sehr hart. Ohne die Unterstützung durch meine Familie und staatliche Institutionen, das Entgegenkommen von Finanzdienstleistern, Lieferanten und dem Vermieter wäre das nicht zu schaffen gewesen. 

Seit Februar sind in der Schweiz nahezu alle Covid-19-bedingten Restriktionen aufgehoben. Reisen ist wieder möglich. Werden Sie nun überrannt?
In der Tat. Ja, wir werden überrannt, wir sind ausgebucht. Im März hatten wir zunächst eine Auslastung von 60 bis 70%. Seit April ist das Hotel voll. Also noch vor der Hochsaison. Aktuell sind wir schon zwei, drei Wochen im Voraus ausgebucht.

Die steigenden Belegungszahlen zeigen uns auch, dass das Konzept des Kapselhotels funktioniert. Während der Pandemie und der tiefen Auslastung zweifelte ich manchmal daran. Es stand immer die Frage im Raum, ob wir das Start-up über die Runden bringen. Doch nun ist eine gewisse Gelassenheit eingekehrt. Wir haben gelernt, mit diesen Schwankungen, die in einem direkten Zusammenhang mit den Covid-Massnahmen der Behörden stehen, umzugehen.

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Unsere Gäste stammen aus allen Schichten. Die einen brauchen eine günstige Übernachtung, die anderen wollen ihr Geld nicht für teure Hotels, sondern lieber für etwas anderes ausgeben.

Gibt es Länder, aus denen besonders viele Gäste kommen? Sind Jung und Alt, Familien und Singles oder Pärchen gleichermassen vertreten oder lässt sich da ein Unterschied feststellen?
Anfangs, also während der ersten Covid-Einschränkungen, hatten wir nur Gäste aus den Nachbarländern oder SchweizerInnen, die, wenn sie schon nicht reisen konnten, wenigstens einen Ausflug machen wollten. Heute wird unsere Top-Ten-Liste angeführt von Deutschland. Dicht dahinter die Schweiz. Es folgen die USA, England, Indien, Frankreich, Spanien, Italien und Brasilien. Vorwiegend sind es junge Menschen. Aber auch RentnerInnen, die etwas Neues ausprobieren wollen, sind darunter. Ebenso Familien oder Pärchen mit Kleinkind, die eine Doppelkapsel buchen. Unsere Gäste stammen aus allen Schichten. Die einen brauchen eine günstige Übernachtung, die anderen wollen ihr Geld nicht für teure Hotels, sondern lieber für etwas anderes ausgeben.

Natürlich haben wir auch wiederkehrende Gäste. Das ist in vielerlei Hinsicht etwas vom Tollsten für einen Hotelier. Das kann ein Wochenendtourist sein, der regelmässig bei uns eincheckt, oder eine Pendlerin, die zwei Tage bei uns übernachtet, um nicht jeden Abend nach Bern zurückfahren zu müssen.

Das Green Marmot liegt mitten in der Zürcher Altstadt. Kneipen, Kunst und Kino sind in Gehdistanz erreichbar. Ein klarer Vorteil für ein Hotel. Was schätzen Ihre Gäste am Green Marmot ausserdem?
Die Lage ist schon das Wichtigste. Und natürlich spielt der Preis eine Rolle. Ausserdem braucht man kein Geld für den ÖV, weil das Hotel so zentral liegt. Wir selber bieten keine Verpflegung an, aber gleich unten im Haus ist ein Café und schräg gegenüber befindet sich eine Pizzeria. Diese kurzen Wege, um schnell etwas zum Essen oder Trinken zu holen, schätzen unsere Gäste ebenfalls sehr.

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Jede Stadt braucht ein Kapselhotel.

Wodurch unterscheidet sich Ihr Kapselhotel von einer Jugendherberge oder einem Hostel?
Das Konzept, sich den Raum zu teilen, um günstiger zu übernachten, gibt es praktisch in allen Städten. Das Kapselhotel ist die moderne Interpretation davon. Im Gegensatz zu Jugis oder Hostels mit Mehrbettzimmern kann man sich in einer Kapsel dank der eigenen Wände und des Vorhangs besser von den anderen abschirmen, fühlt sich den Blicken der anderen nicht ausgesetzt und gewinnt dadurch mehr Intimsphäre. Unsere Gäste begrüssen es auch, dass sie in der Kapsel über eine eigene Lichtquelle verfügen.

Mit seinen 2,5 m3 grossen Kapseln bietet das Green Marmot eine minimalistische Übernachtungsmöglichkeit. Schlafen «wie ein Murmeltier in seiner Höhle», heisst es auf Ihrer Website. Das klingt sehr kuschelig und gemütlich. Doch wie reagieren Menschen mit Platzangst?
In den Kapseln ist ein Spiegel installiert, der den Raum optisch vergrössert. Aber ja, es gibt Personen, die diese Übernachtungsform besichtigen oder auch ausprobieren, dann aber sagen, das ist zu eng, das geht nicht. Einen humoristischen Kommentar fand ich neulich im Internet, wo ein Gast – ohne Platzangst, aber mit Platzbedarf – vermerkte, dass er es mit seiner Grösse von über zwei Metern nicht geschafft habe, ganz in der Kapsel drin zu sein. Seine Füsse habe er herausragen lassen müssen.

Lassen Sie uns zum Schluss einen Blick in die Zukunft werfen. Wie sehen Ihre Pläne aus?
Zuerst werden wir Dinge anpacken, die wir von Anfang an vorhatten, aber noch nicht ausführen konnten. Das betrifft einzelne Aspekte der Sicherheitstechnik und bauliche Ergänzungen wie ein Vordach über dem Eingang. Bevor wir die nächsten Schritte unternehmen, wollen wir Ende Jahr evaluieren, wo wir stehen. Und wir wollen expandieren. Dazu gibt es verschiedene Ideen wie zum Beispiel ein bestehendes Hostel umrüsten. Das kann in der Schweiz oder in einem anderen europäischen Land sein. Denn ich bin der Meinung: Jede Stadt braucht ein Kapselhotel. Das ist die moderne Weiterentwicklung des Hostel-Modells.

Autorin: Karin Pache, Communications, Swiss Life Asset Managers

Copyright Gebäudefotos: Green Marmot, Zürich

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