Das Gastgewerbe ist als Anlageklasse nicht länger eine Nische. Der europäische Gastgewerbesektor ist in die Oberliga aufgestiegen und hat seine Resilienz, Flexibilität und Diversifizierungskraft bei der langfristigen Allokation unter Beweis gestellt. Die Kurse haben sich seit 2022 stark erholt, und Frankreich bleibt einer der wichtigsten Märkte Europas.

Solide Erholung und Diversifizierung in Europa

Laut MSCI1 blieben die Kapitalrenditen 2022 im Gastgewerbesektor in fast allen europäischen Ländern positiv. Diese Entwicklung steht in starkem Gegensatz zu den Rückgängen der Kapitalwerte in den Segmenten Büro und Logistik. Es überrascht nicht, dass die Märkte, bei denen die Nachfrage von Unternehmen angetrieben wird, niedrigere Kapitalrenditen aufwiesen als die Tourismusmärkte wie Frankreich, Italien und Portugal.

Europaweit steigende Kapitalrenditen, mit Frankreich an der Spitze
Europaweit steigende Kapitalrenditen, mit Frankreich an der Spitze

Die Performance des europäischen Gastgewerbesektors nach Ländern (2019-2022)

Investitionen in das Gastgewerbe verzeichneten im Jahr 2022 positive reale Gesamtrenditen, inklusive Einkommens- und Kapitalrenditen, wie beispielsweise in Norwegen, Frankreich, Portugal, Italien und Schweden. In Grossbritannien waren sie dagegen negativ. Vor dem Hintergrund einer hohen Inflation sind diese Performance-Trends bemerkenswert. Insgesamt hat der Anstieg des Kapitalwerts seit 2021 den Rückgang von 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie abgemildert.

Luxus- und High-End-Ketten verzeichnen positive Kapitalrenditen
Luxus- und High-End-Ketten verzeichnen positive Kapitalrenditen

Die Performance des europäischen Gastgewerbesektors nach Segmenten (2019-2022)

Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Segmente waren die Kapitalrenditen in den Luxus- und anderen High-End-Segmenten positiv. Die Kapitalrenditen im mittleren und Economy-Segment waren dagegen negativ. Diese Verzerrung lässt sich möglicherweise auf Grossbritannien zurückführen2.
Auch im Hinblick auf das Transaktionsvolumen hat das Gastgewerbe im Vergleich zu anderen Anlageklassen seit 2022 eine gewisse Resilienz an den Tag gelegt. Ausschlaggebend dafür war, dass es dem europäischen Hotelleriegewerbe gelang, sich seit dem Ausbruch der Pandemie strukturell an neue Nachfrageerfordernisse in Bezug auf Lebensstil, Freizeit3 und ökologische Verantwortung anzupassen.

Besonders interessant ist, dass sich hybride Arbeitsformen strukturell positiv auf das Hotelleriegewerbe ausgewirkt haben, da es nun möglich ist, von jedem Ort in Europa aus zu arbeiten. Die Hybridarbeit hat stark dazu beigetragen, saisonale und nachfrageseitige Schwankungen im Zeitverlauf auszugleichen.

Der europäische Gastgewerbesektor wird heute als etablierte Anlageklasse angesehen, die von den Anlegerinnen und Anlegern bei ihren künftigen Immobilienallokationen berücksichtigt wird. Aus den jüngsten MSCI-Umfragen geht hervor, dass 17% der institutionellen Anleger zur Zeit in das Gastgewerbe investieren würden. In den vergangenen zehn Jahren waren diese Zahlen noch einstellig.

Der Gastgewerbesektor Frankreichs in der Vorreiterrolle

Gemessen an den Touristenzahlen ist Frankreich der führende Gastgewerbemarkt weltweit. Im Jahr 2022 erlebte der Sektor einen starken Aufschwung. Dieser stützte sich sowohl auf die inländische als auch auf die internationale Nachfrage. Der durchschnittliche Preis für eine Übernachtung ist im Vergleich zu 2019 um 16%4 angestiegen. Inflationsbereinigt bedeutet dies einen realen Anstieg von 10%.

Paris und die Côte d'Azur verzeichnen den stärksten Preisanstieg in Frankreich
Paris und die Côte d'Azur verzeichnen den stärksten Preisanstieg in Frankreich

Preiserhöhungen im Gastgewerbesektor Frankreichs nach Standort (2019-2022)

Vor dem Hintergrund steigender Zinsen und einer hohen Inflation war das Jahr 2022 in vielen Segmenten und an vielen Standorten in Frankreich von positiven Überraschungen geprägt: Der Umsatz pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) stieg in Frankreich im Vergleich zu 2019 um 9%, real um 3% – eine der stärksten Leistungen in Europa. Im Jahr 2022 verzeichnete der High-End- und Luxusmarkt im Vergleich zu 2019 einen durchschnittlichen Preisanstieg von 27%. Es überrascht nicht, dass der Umsatz in Paris (+18%) und an der Côte d'Azur (+18%) schneller anstieg als in anderen, eher ländlichen Gebieten (+7%).

Die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2023 sind seit dem Spätsommer landesweit weiterhin positiv. Es kommen auch wieder amerikanische, japanische und chinesische Reisende, allerdings weniger als im Jahr 2019. Bisher ist der Umsatz überwiegend auf französische und europäische Touristinnen und Touristen zurückzuführen. Kurzfristig wird erwartet, dass die Rugby-Weltmeisterschaft in der zweiten Jahreshälfte 2023 und die Olympischen Spiele 2024 dazu beitragen werden, den Sektor trotz der globalen Konjunkturabschwächung zu stützen.

Mittel- bis langfristig wird Frankreich bei den Investoren weiterhin sehr beliebt sein: Das Land ist nach Spanien und Italien der drittgrösste Markt in Europa und verfügt über ein gut diversifiziertes und modernes Angebot. Zudem ist die Nachfrage ausgewogen, was das Vertrauen der Investoren in den französischen Gastgewerbemarkt insgesamt stärkt.

1 MSCI ist ein führender Anbieter wichtiger unterstützender Instrumente und Dienstleistungen für die Entscheidungsfindung in der globalen Investment-Community
2 Sampling-Effekt der europäischen MSCI-Benchmark durch die sehr hohe Gewichtung des Vereinigten Königreichs (42%)
3 Business & Freizeit
4 Nach Angaben von In-Extenso

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