Da sich die britische Wirtschaft verändert hat, müssen Immobilienanlagestrategien neu überdacht werden. Steigende Zinsen und strukturelle Veränderungen erfordern eine aktivere Verwaltungsstrategie.
Zehn Jahre lang herrschten an den Märkten niedrige Zinsen. Dabei wurden die Renditen britischer Staatsanleihen auf ein Niveau gedrückt, auf dem die Risikoprämie für Immobilien historisch hoch war. In dieser Zeit rechtfertigten die Anleger verstärkte Allokationen in Immobilien – und andere Sachwerte – mit deren «anleihenähnlichen» Eigenschaften, aber höheren relativen Renditen.
Renditen zehnjähriger britischer Staatsanleihen 2012–2022


Die Renditen zehnjähriger britischer Staatsanleihen stiegen 2022 stark an.
Britische Immobilien reagieren auf makroökonomische Bedingungen
Die jüngsten makroökonomischen Entwicklungen haben zu einer Verschiebung in diesem Tätigkeitsumfeld geführt. Als die Renditen zehnjähriger britischer Staatsanleihen von 1,01% im Januar 2022 auf 3,80% per 30. Dezember 2022 kletterten, wurde klar, dass eine Korrektur der Immobilienpreise notwendig war, um die Risikoprämie wieder auf ein Niveau zu bringen, das sich näher an der langfristigen durchschnittlichen Renditespanne befand. Der Markt reagierte schnell und die Kapitalwerte gingen im zweiten Halbjahr 2022 zurück. Dieser Einbruch fiel markanter aus als in anderen Märkten, weil der britische Markt dynamischer ist. Dies bedeutet aber auch, dass es nach dem Ende der Rezession und der geldpolitischen Straffung Potenzial für eine stärkere Erholung gibt.
Monatliche Wertänderungsrendite britischer Immobilien (2021–2022)


Die Kapitalwerte in Grossbritannien gingen im zweiten Halbjahr 2022 zurück.
Eine neue Ära, ein neuer Ansatz
Da sich die Zinsen in den kommenden Quartalen gemäss unserem Basisszenario seitwärts bewegen dürften, eröffnen sich aufgrund der veränderten Preisgestaltung Chancen. Bei höheren Zinsen spricht jedoch nichts mehr dafür, dass Immobilien ein Ersatz für Anleihen sind. Folglich muss der Ansatz bei Immobilienanlagen überdacht werden. Wir bezweifeln, dass der Ansatz der passiven Vermögensverwaltung, den einige Verwalter in der Vergangenheit verfolgt haben, weiterhin relevant ist. Man konzentrierte sich dabei auf die Mietdauer und die Stärke der Covenants, ohne grosses Augenmerk auf die Qualität und die Fundamentaldaten der Immobilie oder die langfristige Widerstandsfähigkeit der Anlage zu legen, die sich aus der positiven Ausrichtung auf strukturelle Trends ergibt.
Aus unserer Sicht müssen die Anleger aktivere Strategien verfolgen, mit denen sie in diesen Zeiten negativer, marktgetriebener Entwicklungen Mehrwert schaffen und den Sektor von anderen Anlageklassen abheben können. Die folgenden Strategien dürften in den nächsten zwölf Monaten interessante Chancen bieten.
Aktive Betriebsmodelle
Betriebsimmobilien etablieren sich. Teilweise ist dies auf das attraktive Ertragsprofil und die starken strukturellen Fundamentaldaten in Sektoren zurückzuführen, die in der Regel ein Betriebsmodell aufweisen, zum Beispiel Pflegeheime, Wohnimmobilien oder Mietlager. Sie werden jedoch in allen Immobiliensektoren immer wichtiger, da Anlagen mit operativer Kontrolle ein massgeschneidertes Produkt ermöglichen können, das gut auf die Bedürfnisse der Endnutzer abgestimmt ist und die Anlage widerstandsfähiger macht.
Bei den Mietwerten zeichnet sich bereits eine rasche Polarisierung zwischen hochwertigen, dienstleistungsorientierten Flächen und dienstleistungsarmen Sekundärprodukten ab. Mit einem Betriebsmodell können Vermieter ihre Renditen steigern, indem sie die Vorteile in Form von Mietprämien aus gut geführten Objekten nutzen, anstatt sie an einen externen Anbieter weiterzugeben.
«Lebende Wand» beim The Bonhill Building, London


Quelle: Mayfair Capital
Neupositionierung im Hinblick auf den Strukturwandel
Immobilienanlagen sind etwas Physisches, das heisst, die Anleger können die Performance mit aktiven Verwaltungsstrategien steigern. In einem schwachen Wirtschaftsumfeld bleiben die Entwicklungsrisiken hoch und wir gehen davon aus, dass die meisten Anleger zu einem Risk-off-Ansatz wechseln und sich auf Core-Anlagen konzentrieren werden. Folglich dürften die Preise für qualitativ minderwertigere Objekte, die Investitionen erfordern, stärker korrigieren.
In vielen Marktsegmenten fehlt es jedoch aufgrund struktureller Veränderungen in der britischen Wirtschaft an modernen Flächen, die den sich wandelnden Bedürfnissen der Mieter gerecht werden. In den nächsten zwölf Monaten könnten Anleger von einer übermässigen Preiskorrektur bei Sekundärobjekten profitieren und Immobilien erwerben, die sich in Anlagen umwandeln lassen, die besser auf die sich verändernde Mieternachfrage abgestimmt sind. Dies dürfte zu überdurchschnittlichem Mietwachstum und starkem Kapitalzuwachs führen.
Going Green
Aktive Immobilienverwaltungsstrategien eignen sich nicht nur für traditionelle Vorhaben wie bauliche Erweiterungen und Sanierungen, sondern bieten auch die Möglichkeit, einen positiven ESG-Effekt zu erzielen. Dies kann zum Beispiel über eine Senkung der CO2-Emissionen erfolgen oder die Schaffung von sozialem Mehrwert, welcher der Gemeinde zugutekommt, in der sich das Objekt befindet. Die Anleger dürften sich weiterhin auf die «grünen» Eigenschaften einer Anlage und ihren greifbaren ökologischen oder sozialen Nutzen fokussieren. Da dieses Thema auch für Mieter immer relevanter wird, dürfte eine aktive Strategie zur Umsetzung dieser Verbesserungen mit der Aussicht auf ein stärkeres und nachhaltigeres Ertragswachstum belohnt werden.