Die Nachfrage nach Unternehmensanleihen steigt trotz niedriger Kreditprämien. Welche Faktoren treiben Investoren zu dieser Anlageklasse und welches Potenzial steckt dahinter? Ein Blick auf die aktuellen Entwicklungen und Markttrends.

Seit Monaten stehen Investment-Grade-Kreditfonds bei Investoren hoch im Kurs, während Staatsanleihen im Vergleich dazu deutlich weniger nachgefragt sind. Das ist erstaunlich, denn die Kreditprämien auf Unternehmensanleihen sind derzeit nicht sehr hoch. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich jedoch gewichtige Gründe für dieses Investorenverhalten, die unseres Erachtens auch darauf hindeuten, dass bei Unternehmensanleihen noch weiteres Potenzial vorhanden ist. 

Fiskalhaushalte und zweckgebundene Finanzmittel im Fokus

Seit der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten haben die USA umfangreiche Steuersenkungen angekündigt, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Gleichzeitig hält die US-Notenbank (Federal Reserve) an ihrem Kurs der quantitativen Straffung (QT) fest. Die Markterwartungen gehen jedoch von einem baldigen Ende der QT aus. In Europa stehen ebenfalls intensive Haushaltsdebatten an. Die Verschiebung des geopolitischen Gleichgewichts macht Verteidigungsausgaben in der Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro erforderlich. Das vor kurzem angekündigte massive Investitionspaket Deutschlands, dessen Tragweite sich allein schon an der notwendigen Anpassung des Grundgesetzes ablesen lässt, hat zum stärksten Zinsanstieg bei deutschen Staatsanleihen seit der Wiedervereinigung geführt.

Der fiskalische Spielraum vieler Staaten ist auf nationaler Ebene allerdings begrenzt – sieben europäische Länder, darunter Frankreich und Italien, stehen bereits in einem EU-Verfahren bei einem übermässigen Defizit (Excessive Deficit Procedure). Ausnahmeregelungen für Verteidigungsausgaben könnten hier Abhilfe schaffen. Die Einstufung einer starken Verteidigung als «öffentliches Gut» der EU könnte sogar den Weg für eine Finanzierung durch die Staatengemeinschaft ebnen. So diskutiert Europa derzeit darüber, das während der Corona-Pandemie geschaffene Investitionsprogramm Next Generation für die Aufrüstung «umzuwidmen» oder eine gemeinschaftliche Finanzierung über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu ermöglichen.

In Kombination mit Handelskriegsgebaren und dem allgemeinen Trend zu Protektionismus dürften der Inflationsdruck, besonders in den USA, bestehen bleiben und die Polarisierung und die Intensität der politischen Debatten anhalten. Dies schafft eine äusserst fragile Ausgangslage. 

Die Zeit der risikofreien Staatsanleihen ist vorbei

Die Frage der Tragfähigkeit der Staatshaushalte begleitet die Marktteilnehmer in Europa schon seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv. Die USA hingegen galten lange Zeit als sicherer Hafen, abgesehen von sporadischem Taktieren um die Schuldenobergrenze und weitgehendem Ignorieren des enormen jährlichen Defizits. Diesen Status verdanken die USA teilweise der Tatsache, dass der US-Dollar als globale Reservewährung fungiert. Angesichts der Unwägbarkeiten einer sich verändernden Weltordnung muss hier längerfristig ein Fragezeichen gesetzt werden. Aber auch bei den US-Staatsanleihen hat die Volatilität zuletzt deutlich zugenommen.

Die Kurskorrektur im Oktober 2023 mit einem maximalen Wertverlust (Drawdown) von -18,8% auf den Index der US-Staatsanleihen erinnert eher an eine Risiko- als an eine Sicherheitskomponente im Portfolio. Die Möglichkeit einer strukturell höheren Inflation sowie die erwartete fiskalische Expansion haben die «Term Premium», also die Kompensation für die Unsicherheit der langfristigen Zinsen, deutlich nach oben korrigiert. Zwar entschädigen höhere Nominalzinsen die Sparenden für die Inflation, doch die Diskussion um die Solidität der Staatsfinanzen wirft unweigerlich die Frage auf, ob Staatsanleihen nun generell auch ein Kreditelement enthalten.

Um diese Frage zu beantworten, vergleichen wir Staatsanleihen und ihre Verfallrenditen mit den Renditen am Swap-Markt, also den Zinssätzen, zu denen Banken sich gegenseitig Kredite vergeben. Je nach Bonität des Staates zahlen Staatsanleihen weniger (bessere Bonität) oder mehr Rendite (schlechtere Bonität) als der Swap-Markt der gleichen Währung. 

Grafik zu US-Staatsanleihen und USD-Swaps.
Grafik zu US-Staatsanleihen und USD-Swaps.

Quelle: Bloomberg; Swiss Life Asset Managers; Daten vom 6.3.2025

Der Renditeaufschlag von US-Staatsanleihen gegenüber dem USD-Swap hat sich seit 2022 mehr als verdoppelt und liegt aktuell bei über 44 Basispunkten für zehnjährige Laufzeiten. Diese Entwicklung zeigt, dass auch US-Staatsanleihen keine kreditrisikofreien Anlagen darstellen. Dennoch gelten die Renditen von US-Staatsanleihen traditionell als Benchmark für viele andere Anlageklassen. Eine Bewertung auf dieser Basis kann zu einem verzerrten Urteil führen und muss daher durch andere «Benchmarks» ergänzt werden.

Kreditrisiken im Vergleich

So analysieren wir auch die Bewertung von Unternehmensanleihen, indem wir sie nicht nur klassisch mit US-Staatsanleihen vergleichen, sondern alternativ ihre Entwicklung gegenüber dem USD-Swap-Markt aufzeigen. Im direkten Vergleich dieser beiden Methoden zur Berechnung der Risikoprämien («Spreads») wird deutlich, wie sehr sich die Renditen von Staatsanleihen und Swaps entkoppelt haben. Erscheinen die Risikoprämien von Unternehmensanleihen im Vergleich zu Staatsanleihen teuer – oder werden Staatsanleihen aus gutem Grund günstig gehandelt?

Im Gegensatz zu Swaps handeln Unternehmensanleihen derzeit jedoch nahe am langfristigen Durchschnitt und entschädigen damit gut für die solide fundamentale Ausgangslage. Unternehmen mit einem Investment Grade (IG) verfügen mehrheitlich über eine konservative, transparente und berechenbare Finanzpolitik und über eine sehr tiefe Ausfallwahrscheinlichkeit. Die gute fundamentale Lage der Unternehmen spiegelt sich auch in der stark positiven Ratingentwicklung der letzten Jahre wider. So sank der Anteil der IG-Unternehmen mit dem niedrigsten Rating (BBB-) im globalen Universum in den letzten vier Jahren von rund 13 auf unter 10%. Ausserdem profitieren Unternehmensanleihen im Vergleich zu Staatsanleihen von einer deutlich besseren Diversifikation (das Gewicht des grössten Emittenten im globalen IG-Unternehmensanleihen-Index beläuft sich auf 1,6%).  

Grafik zu US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen Risikoprämie.
Grafik zu US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen Risikoprämie.

Quelle: Bloomberg; Swiss Life Asset Managers; Daten vom 11.3.2025

Aufgrund der Risikoprämie bieten Unternehmensanleihen eine höhere Rendite als Staatsanleihen, aber die realisierte Volatilität ist derzeit geringer als die von vergleichbaren Staatsanleihen. Dies ist auf die negative Korrelation zwischen den Verfallrenditen von Staatsanleihen und den Risikoprämien zurückzuführen.

Die erwähnte Risikoprämie entschädigt Investoren teilweise auch für die im Vergleich zu Staatsanleihen geringere Liquidität. Dank neuer Technologien wie Peer-to-Peer- und Portfolio-Trading hat sich die Liquidität am Markt für Unternehmensanleihen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dies schlägt sich in höheren Handelsvolumen, tieferen Geldbriefspannen und einer abnehmenden Liquiditätskonzentration nieder. Von dieser Entwicklung dürften Unternehmensanleihen weiterhin profitieren, da die geforderte Liquiditätsprämie als Teil der Risikoprämie sinkt. 

Invertierte Zinskurven und kurze Laufzeiten

Unternehmensanleihen verfügen über einen weiteren Trumpf. Historisch gesehen waren Staatsanleihen in einem Zinssenkungszyklus die beste Wahl, um von Kursgewinnen durch sinkende Zinsen zu profitieren. Voraussetzung dafür ist allerdings eine steile Zinskurve.

Bei Zinssenkungen auf Basis einer invertierten Zinskurve waren kurze Laufzeiten hingegen deutlich besser positioniert. Da der Markt für Unternehmensanleihen einen grösseren Anteil an Anleihen mit kurzen Laufzeiten aufweist als der Markt für Staatsanleihen, können Investoren mit einer Allokation in Unternehmensanleihen taktisch gezielt das kurze Laufzeitensegment nutzen.

Grafik zur historischen durchschnittlichen Performance in Lokalwährung.
Grafik zur historischen durchschnittlichen Performance in Lokalwährung.

Quelle: Bloomberg; ICE BofA Merrill Lynch; MSCI; Swiss Life Asset Managers; Datenperiode 1998–2023

Basierend auf den in diesem Artikel dargestellten Argumenten ist Swiss Life Asset Managers überzeugt, dass globale Investment-Grade-Unternehmensanleihen als bedeutender Baustein eine zentrale Rolle in der Asset Allocation eines Investors spielen können. Für erfahrene Investoren, die sich im aktuellen Marktumfeld innerhalb des Segments der Unternehmensanleihen optimal positionieren möchten, sind auch Short-Duration-Anleihen gut geeignet.

Swiss Life Asset Managers ist eine führende Vermögensverwalterin und Anbieterin von Anleihenfonds – strategisch verantwortungsbewusst und mit nachhaltiger Performance.

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